Der erfolgreichste deutsche Bandleader hat uns verlassen
Der "Happy Party Sound"-König James Last

James Last konnte eigentlich gar nichts anderes, als Musiker werden. Am 17. April 1929 als Hans Last im Stadtteil Sebaldsbrück in Bremen geboren, wächst er mit fünf Geschwistern auf; Vater Louis Last arbeitet bei den Stadtwerken als Gasableser, abends macht er Musik in Bremer Klubs. Zwei seiner Brüder sind ebenfalls musikalisch, Robert spielt Schlagzeug und Werner Posaune. "Unser Zuhause war die reinste Musikschule, ich brauchte sozusagen nur mehr die Noten zusammenzukehren. Im Wohnzimmer stand ein Klavier, das früher ein elektrisches Pianino gewesen war. Wir hatten die Walze herausgenommen, und ich klimperte darauf meine ersten Tonleitern", schreibt Last in seiner Autobiografie. Weil während des Krieges nur noch eine Ausbildung beim Militär möglich ist, lernt Last an den Heeresmusikschulen in Frankfurt am Main und Bückeburg zunächst Fagott, später Kontrabass und Tuba.

So kannten wir ihn

Als er nach Bremen zurückkehrt, kommt er als Bassist im Tanzorchester beim neugegründeten Radio Bremen unter - so steht er bereits als 17-Jähriger auf der Bühne. Neben Tanzmusik spielt auch Jazz eine große Rolle im Leben des Vollblut-Musikers, der schon Anfang der 1950er-Jahre als bester Bassist ausgezeichnet wird. Auf dem ersten deutschen Jazzfestival in Frankfurt im Jahr 1953 brilliert er mit den "German All Stars", zu denen auch Paul Kuhn und Max Greger gehören. 1955 wechselt Last zum Tanzorchester des damaligen NWDR nach Hamburg und arrangiert Songs für Freddy Quinn, Caterina Valente und Helmut Zacharias.

Von links nach rechts: James Last, Helmut Zacharias, Paul Kuhn, Hazy Osterwald und Max Greger.
Mit Happy Party Sound zu Weltruhm

James Lasts steile Karriere beginnt mit dem Album "Non Stop Dancing", das 1965 erscheint. Von da an geht es stetig aufwärts, allen voran mit dem Happy Party Sound, als dessen Erfinder er gilt. 1969 veröffentlicht er seinen Welthit "Games That Lovers Play". Neben eigenen Kompositionen erringt er Weltruhm mit Interpretationen und Arrangements aus Schlager und Popmusik. Bis heute hat der Bandleader, Komponist, Arrangeur und Produzent mehr als 80 Millionen Tonträger verkauft; 208 Goldene Schallplatten krönen seinen Erfolg. Der Mann der "Superlative" ist 87 Mal in der Royal Albert Hall in London aufgetreten - so oft wie kein anderer vor ihm. Für seinen weltweiten Erfolg bekommt der Bremer Jung unzählige Auszeichnungen - über die "Platine Stimmgabel" und den "Echo für sein Lebenswerk" bis zum Bundesverdienstkreuz. 2012 wird Last als "Musiklegende mit Kultstatus" mit dem Musikautorenpreis für sein Lebenswerk geehrt. Trotz der langen Zeit im Business denke er gar nicht daran, in den Ruhestand zu gehen, sagte der Bandleader anlässlich der Verleihung.

Der Mann der "Superlative" ist 87 Mal in der Royal Albert Hall in London aufgetreten - so oft wie kein anderer vor ihm.
Für seine Fans ist er der "Hansi"

Musik war James Lasts Leben. Mit seinem Durchhaltevermögen hat er bei seinen Fans Wort gehalten: Bereits an seinem 60. Geburtstag versprach er ihnen, so lange weiterzumachen, wie er könne. Um fit zu bleiben, schwamm er täglich und machte zweimal die Woche Workout. Er enttäuschte seine treue Anhängerschaft nicht . Wahrscheinlich blieb er auch deshalb für seine Fans immer der "Hansi". Last selbst wäre wohl nie auf die Idee gekommen seinen Namen zu ändern. Schließlich war es seine Plattenfirma Polydor, die einst aus dem blonden Hans einen James machte. Aber Last gab zu, dass die englische Version seines Vornamens durchaus funktioniert hat. Auch seiner norddeutschen Heimat blieb der Musiker irgendwie treu: James Last lebte mit seiner zweiten Frau Christine zwar überwiegend in Florida, kaufte sich aber vor wenigen Jahren einen Zweitwohnsitz in Hamburg-Poppenbüttel. "Hamburg ist meine Heimat", bekannte er.

James Last lebte mit seiner zweiten Frau Christine überwiegend in Florida, hatte aber auch einen Zweitwohnsitz in Hamburg-Poppenbüttel.

Vor einigen Jahren saß James Last an einem sonnigen Frühlingstag an der Alster und zeigte auf eine kleine Verfärbung an seinem Hals: "Hautkrebs", sagte er unbeeindruckt und fügte grinsend hinzu, dass ihn so eine Lappalie nicht davon abhalten werde, weiterhin das schöne Wetter zu genießen. "Ich liege in Florida, wo ich meistens lebe, zu oft im Garten; und wenn die Flecken zu groß werden, lasse ich sie einfach wegschnippeln. Kein Problem, oder?" Die Botschaft war klar: So leicht ließ sich James Last eben nicht aus dem Takt bringen! Das passte zu einem Künstler, der einer der wenigen deutschen Weltstars war und der seinem Job mit so viel Leidenschaft wie Arbeitseifer nachging. Man kann die spektakuläre Karriere dieses Bandleaders, Komponisten, Arrangeurs und Produzenten nüchtern in Zahlen bemessen; in Hunderten Gold-, Silber- und Platin-Platten, in mehr als hundert Millionen verkaufter Tonträger, zahllosen Musikpreisen und darin, dass Last zeitweilig für 30 Prozent aller Umsätze seiner Plattenfirma verantwortlich war. Man kann auch daran erinnern, dass Last ein erfolgreicher Autor war, was gerne mal übersehen wird. Immerhin sangen Ray Charles, Andy Williams, Cliff Richard, Petula Clark und sogar Elvis ("The Fool") seine Lieder. Es könnte auch erwähnt werden, dass Quentin Tarantino Lasts "Einsamen Hirten" effektiv im Film "Kill Bill" einsetzte und dass nachgewachsene Elektro-Frickler wie Nightmares On Wax oder Wagon Christ die Melodien des Hanseaten sampelten. Aber kaum zu bemessen ist der Einfluss, den Last auf die musikalische Popkultur im Nachkriegsdeutschland hatte. Er war es, der die Hits der Welt, schmissig arrangiert, in deutsche Partykeller brachte - wobei ihm stets der schwierige Spagat zwischen Kitsch und Klasse gelang. Es passt, dass Last zwischen Schlagern und Volksmusik ganz selbstverständlich auch mal ein "Voodoo-Party"-Album (1973) einspielte, mit Orchester-Versionen von T-Rex, Alice Cooper und Hawkwind-Songs. Was Musik angeht, kannte und akzeptierte Last keine Grenzen. "Ich gehöre nicht zu denen, die sagen, dass früher alles besser war", sagte er einmal. "Ich mag auch Bands wie Nirvana."

"Ich dachte, die spinnen wohl!"

Seine musikalische Ausbildung begann der 1929 in Bremen als Hans Last geborene Künstler bei der Heeresmusikschule Bückeburg, wo er Klavier spielen lernte. Einem Einsatz in den letzten Tagen des Krieges entkam er knapp, weil er noch keine 16 Jahre alt war, als seine Mitschüler eingezogen wurden. Nach dem Krieg förderte der Vater, ein Gasableser bei den Bremer Stadtwerken, nicht nur die musikalischen Ambitionen seiner drei Söhne Robert, Werner und Hans Last, sondern vermittelte ihnen auch die Idee des Arbeitens bis zum Limit: "Nach seinem Dienst hat er für sechs Mark die Nacht Musik gemacht", erinnerte sich sein Sohn Hans später. "Hat sein Fahrrad aus dem Schuppen geholt, das Schlagzeug auf den Gepäckträger geschnallt und bei Hochzeiten, Betriebsfeiern oder in Klubs aufgespielt. Wenn er frühmorgens heimkam, hat er sich an den Küchentisch gesetzt, den Kopf zwischen die Arme genommen und zwei Stunden geschlafen. Danach fuhr er wieder zur Arbeit." Ende der Vierzigerjahre ließen die amerikanischen Soldaten Hans Last dann in ihren Klubs an Bass und Klavier Jazz spielen. Als Bassist kam er später beim Tanzorchester von "Radio Bremen" unter. Damals schrieb er bereits erste Arrangements, gründete das Hans-Last-Orchester und experimentierte mit einem Tonbandgerät auf der Suche nach raffinierten Klängen. Nach seinem Wechsel zum Norddeutschen Rundfunk verfeinerte Last seine Arrangements, arbeitete für Größen wie Brenda Lee, Caterina Valente und Lale Andersen und veröffentlichte zu Beginn der Sechziger seine ersten Schallplatten mit Potpourris aktueller Schlager. Aber als man dem auffällig talentierten Knaben beim NDR eine Anstellung auf Lebenszeit offerierte, bekam er einen Schreck - "das konnte doch nicht alles gewesen sein" - und machte sich aus dem Staub. Die Idee zu seinem "Happy-Party-Sound" kam Last nach einer rauschenden Kellerparty daheim. Im Aufnahmestudio wiederholte er die Sause inklusive klackender Pfennigabsätze, Geplauder und Applaus - und natürlich den aktuellen Hits der Saison, umfrisiert von James Last. In einer Ära, in der Sampler mit den Originalversionen internationaler Hits noch nicht zu haben waren, landete Last so in Deutschland einen spektakulären Bestseller. Es passt zu Last, dass er erst perplex war, als er auf einer Plattenhülle entdeckte, dass die Plattenfirma ohne Rücksprache seinen Namen Hans durch James ersetzt hatte: "Ich dachte, die spinnen wohl!"

In Moskau dagegen drehte man Last den Strom ab, nachdem er die Order, vor allem Volksmusik zu spielen, ignoriert hatte und stattdessen das Publikum mit Hits aus dem Westen zum Toben brachte.

Aber der Plan bezüglich der Namensänderung ging auf. Es folgte eine Karriere, die Last nach Japan, Australien, Hongkong, Südafrika, China und in die USA führte. Eine besondere Zuneigung erfuhr James Last in Großbritannien, wo er seit den frühen Siebzigern ein besonders treues und euphorisches Publikum hatte, was mehr als achtzig ausverkaufte Auftritte in der legendären Londoner Royal Albert Hall illustrieren.

Sogar sein Bankrott beeindruckte ihn nicht.

James Last erlangte kein so großes Vermögen, wie es seine immensen Plattenverkäufe nahelegen. Er wurde Opfer einiger Anlagebetrüger, beginnend mit seinem Steuerberater. Er kaufte Ölbohrtürme, Weingüter und Baumwollfelder in den USA als Abschreibungsobjekte. Als er 1985 seine Weingüter besuchen wollte, stellte sich heraus, dass sämtliche Projekte gar nicht existierten. Daraufhin entfielen die Steuervergünstigungen und es kam zu großen Nachforderungen. Last konnte gerade noch davon abgehalten werden, seine Verlagsrechte zu verkaufen. Aber auch der drohende Bankrott beeindruckte Last nicht. Statt zu jammern gab er eben noch mehr Konzerte und ging so lange auf Tournee, bis sein Konto wieder im grünen Bereich war. "Andere gehn auf Kur, ich geh auf Tour", kommentierte Last lakonisch. Er nahm einen Kredit bei der Hamburger Sparkasse auf und war erst kurz vor seinem 70. Geburtstag wieder schuldenfrei.

Sein letztes Konzert in Köln.

Seine Welt-Karriere beendete James Last in Köln vor 6000 Fans. Der Pianist stimmte "You are so beautiful" von Joe Cocker an, James Lasts Musiker nahmen ihn in die Mitte, der große Entertainer hatte Tränen in den Augen. "Non Stop Music" nannte die Musik-Legende diese letzte Tour, begeisterte vom 22. März bis zum 26. April 2015 seine deutschen Fans und verabschiedete sich von ihnen in jeder Stadt aufs Neue. James Last war ganz in seinem Element. Er führte seine 40-köpfige Band an, schnipste im Takt, wie er es seit Jahrzehnten tat. Dabei hatte er vor wenigen Monaten erst eine lebensgefährliche Notoperation überstanden – eine verschleppte Darmentzündung.

Danach begann eine neue Ära für den Entertainer. James Last wollte eine schöne Zeit mit seiner Frau Christine in Florida verbringen und endlich Golf spielen. "Wir wohnen am Golfplatz. Das ist ideal. Du hast den eigenen Golfwagen, machst die Tür auf und fährst raus auf die Piste. Christine hat dort ein paar Damen, mit denen sie immer spielt", verriet Last im November 2014. Doch auch das Alter war bei dem Musiker und seiner Frau ein Thema. "Ich habe keine Angst vor dem Tod. Seit 20 Jahren ist mir bewusst, dass es mal zu Ende geht. Wenn er da oben mich haben will, dann holt er mich ab", und Christine fügte hinzu: "Das Leben ist zu Ende irgendwann. Das akzeptieren wir beide." Das Paar hatte nur anderthalb Monate, um den gemeinsamen Ruhestand zu genießen. (Es gäbe noch Vieles über die Biografie von James Last zu berichten, doch würde ein solch ereignis - und erfolgreiches Leben des Bandleaders die Seiten sprengen).

Mit Christine wollte der Entertainer eine ruhige Zeit in Florida verbringen und Golf spielen.
James Last stirbt mit 86 Jahren.

Im Hamburger Michel haben Angehörige, Freunde und Weggefährten Abschied von dem langjährigen Bandleader James Last genommen. Rund 500 geladene Gäste und 1.500 weitere Besucher gedachten des Musikers und erinnerten dabei auch an seine Musik. Eröffnet wurde die Feier mit einer Orgelversion von James Lasts letzter Komposition, die er Anfang dieses Jahres geschrieben hatte. In seiner Ansprache erinnerte der Hauptpastor der Hamburger St. Michaelis-Gemeinde, Alexander Röder, daran, wie Last mit seiner Musik die Menschen beglückt und beschwingt habe. "Die Engel dürfen sich freuen, einen so wunderbaren Kapellmeister zu bekommen", sagte er. Nach dem etwa halbstündigen kirchlichen Teil der Trauerfeier, die mit dem Segen von Röder endete, begann der weltliche Teil. Als erster Redner ergriff Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz das Wort. Er würdigte Last als einen "hanseatischen Weltbürger und internationalen Künstler". 98,7 Prozent aller Deutschen würden ihn kennen, und im Schnitt habe jeder Deutsche mindestens eine Schallplatte von James Last. Scholz erinnerte auch an den Songwriter James Last, der Stücke für Petula Clark und Elvis Presley geschrieben habe. Der Chef von Lasts Plattenfirma Universal, Frank Briegmann, nannte ihn einen deutschen Weltstar und verglich ihn mit Herbert von Karajan.

Die Beisetzung fand am 25. Juni 2015 in Hamburg statt.
Lieber Hansi, jetzt bist du bei den Engeln

Die Beisetzung fand am 25. Juni 2015 im engsten Familien - und Freundeskreis statt. Last wurde in dem Familiengrab auf dem Friedhof Ohlsdorf beigesetzt, in dem auch schon seine Eltern Louis und Martha liegen. "Es gab nicht viel Aufhebens und viele bunte Blumen, so wie Hansi es gewollt hätte", sagte Eckmann. Auf einer Kranzschleife stand "Tschüss Hansi". Und das sagen alle, die dich kannten und noch kennen lernen werden. Mach's gut, lieber Hans.

Seine Frau Christine hat später erzählt, wie sie von ihrem Mann, den sie stets bei seinem bürgerlichen Namen Hans nannte, Abschied nahm: "Als Hansi ins Licht ging, war er unendlich entspannt und sehr tief in sich ruhend. Er hatte sogar sein typisches, verschmitztes Lächeln auf seinem Gesicht. Aber vermisse ihn sehr".